Winter in Schweden

3.12. 2021 – Jetzt ist es Winter in Schweden. Seit zwei, drei Tagen liegt Schnee in und um Stockholm. Schon davor war es kalt: ca. -7 Grad Celcius Höchsttemperatur am Tag. Am letzten Novembertag ging die Sonne in Lappland zum letzten Mal in diesem Jahr auf. Erst am 12. Januar 2022 wird sie dort wieder zu sehen sein. Doch auch in Stockholm werden die hellen Stunden noch immer weniger (dafür gibt es z.T. spektakuläre Sonnenuntergänge zu sehen – hier in der Galerie sind ein paar!). Heute werden es etwa sechseinhalb sein: von 8:21 Uhr bis 14:52 Uhr. Es ist Winter in Schweden.

Wohl dem, der es warm hat und dessen Vermieter sich gut um das Haus kümmert. Das ist nicht ganz selbstverständlich hier. Die Häuser sind oft in relativ schlechtem Zustand und werden dennoch zu hohen Preisen immer wieder vermietet – der Markt gibt es her. Wir haben Glück gehabt, sowohl was die Lage als auch den Zustand angeht. Und trotzdem zieht es auch bei uns durch einige Fenster wie Hechtsuppe. Kein Wunder, wenn so ein Spalt offen steht… Wann hier jemals die nötigen Klimaschutzmaßnahmen ankommen sollen, ist mir völlig unklar.

Steigende Energiepreise auch in Schweden

Typisch schwedisches Holzfenster mit traditionellem Schließmechanismus – leider marode.

Ein Problem dabei ist: Den Vermietern kann es herzlich egal sein, ob die Energiepreise steigen. Denn natürlich müssen die Mieter die Stromkosten für die Heizung zahlen. Strom war in Schweden bisland immer ziemlich günstig – Atomenergie eben. Aber auch hier steigen die Preise. Der letzte Winter hat es deutlich gezeigt. Im kalten Januar 2021 haben wir mehr Strom verbraucht als in Berlin in einem ganzen Jahr im ganzen Haus (wo wir allerdings mit Gas heizen, hier mit elektrischer Wärmepumpe aus den 90er Jahren). Unsere Rechnung belief sich auf rund 600 Euro. Ein Wahnsinn aus deutscher Perspektive, wo wir im Schnitt ca. 120 Euro für Strom und 150 Euro für Gas im Monat zahlen. Dieses Haus müsste dringend besser isoliert werden. Die Fenster sind untragbar, das Alter der Heizanlage quasi dinosaurisch. Effizient ist sicher anders.

Immerhin scheint Schweden in anderen Bereichen des Klimaschutzes besser zu sein: Im Klimaschutz-Index 2021 belegt es dieses Jahr Platz 5. Damit büßt es zwar einen Platz ein im Vergleich zum Vorjahr ein, ist aber nach Dänemark und den drei unbesetzten ersten Plätzen immerhin quasi-Zweiter. (Und ganz wichtig für die Schweden: vor Norwegen auf Platz 6!). Deutschland belegt dagegen nur Platz 13, was allerdings eine enorme Verbesserung zum Vorjahr bedeutet: 2020 war Deutschland als eines der wichtigsten Industrieländer und der größten CO2-Verursacher auf einem peinlichen 19. Rang.

Unsichtbarer Klimaschutz

Was mich als Expat hier irritiert, ist, dass man tatsächlich wenig von diesem offenbar vorhandenen Umwelt/Klimabewusstsein mitbekommt. Außer der Tesla-Dichte (bei der man sich eher fragt, ob es da nicht mehr um Status als Klimaschutz geht) sieht man einfach nicht sehr viel davon. Für mich jedenfalls nicht. Das kann einerseits daran liegen, dass wir insgesamt relativ wenig authentische Schweden „mitbekommen“: Durch die Deutsche Schule der Kinder, die neue Sprache, die Pandemie und das generell eher reservierte schwedische Wesen ist es nicht so einfach, „reinzuschauen“ in diese Gesellschaft. Mein Schwedisch ist zwar seit den Sommerferien deutlich besser geworden, aber es reicht noch immer nicht, um wirklich alles zu verstehen – oder gar zu sagen. Wenn ich Nachrichten schaue oder lese, dann verstehe ich immer noch am besten „lätt svenska“, also leichtes Schwedisch. Ich verstehe zwar auch einiges, wenn ich bei SVT, dem schwedischen Fernsehen lese. Aber ich muss gestehen, dass ich es mir noch nicht zur Gewohnheit gemacht habe, schwedische Nachrichten zu konsumieren. Außer den Corona-Zahlen – die schaue ich mir regelmäßig an. Die steigen hier im Moment nämlich auch wieder, allerdings auf vergleichsweise noch niedrigem Niveau: 114 auf 100.000 Einwohner ist unsere derzeitige Inzidenz in Schweden, während Deutschland bei über 440 liegt. Letztes Jahr um diese Zeit war es andersherum.

Winter in Schweden ist wie Winter in Deutschland früher war

Aber nun bin ich weit abgeschweift, dabei wollte ich doch eigentlich noch was zum Winter in Schweden schreiben. Denn natürlich ist es auch – vielleicht gerade für meine Generation – richtig schön, hier mal wieder einen „echten Winter“ zu erleben: einen Winter, wie er früher in Deutschland auch einmal war. Das kennen meine Kinder kaum noch. Vor allem die beiden jüngsten (11 bzw. 7 Jahre alt) sind in ihrem Leben bisher nur selten Schlitten gefahren, weil es in Berlin einfach nicht mehr so oft kalt wird. Womit wir natürlich wieder beim Thema Klimawandel und – schutz sind…

Hier jedenfalls genießen wir die Kälte und den Schnee durchaus auch. Nicht nur macht der Schnee alles heller und hübscher. Meine 7jährige hat gestern zwei Stunden im Hort an einem Igloo gebaut. Letzten Sonntag waren wir auf einer der überall öffentlich und kostenlos zugänglichen Schlittschuhbahnen eislaufen. Und heute nachmittag werde ich sicher mit der Jüngsten Schlitten fahren gehen „müssen“. Winter in Schweden sind also bei weitem nicht nur schlechte Fenster, kaum geräumte Straßen und hohe Stromrechnungen. Sondern es gibt – zumindest im letzten und in diesem Winter – auch die Winterfreuden, die wir in Deutschland mittlerweile nur noch selten erleben können. Und manche neue noch dazu. Den Weihnachtsbasar der Deutschen Schule z.B. oder unsere neue Mitbewohnerin: Bei uns ist nämlich eine Elfin eingezogen… die hat sich in einer Wand eine kleine Wohnung gebaut und schickt sich mit der Zweitklässlerin nun kleine Botschaften hin und her.

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